ERSTES KAPITEL

in dem eine wichtige Persönlichkeit und zwei weniger wichtige Personen vorgestellt werden. Außerdem kommt es zu einer Verwechslung verschiedener Vogelarten.

Ich bin Gastwirt und Schmied oder Schmied und Gastwirt, jenachdem durch welche Tür man mein Haus betritt. In beiden Berufen habe ich es mit der unterschiedlichsten Kundschaft zu tun, und so bin ich auch Menschenkenner. Einen Gimpel jedenfalls erkenne ich auf Anhieb.

Der Halbelf, der mit festem Schritt durch das Tor meiner Schmiede trat, gab sich als reisender Krieger. Er hätte etwas bedachter ausschreiten sollen, denn heute morgen war mir der Topf mit Staufferfett aus der Hand gerutscht, und ich hatte nur nachlässig aufgewischt. Der Gimpel machte einen verzweifelten Satz und fing sich keuchend an der Kette meines Flaschenzuges, auch nicht gerade sauber.

"Hoppla", sagte ich freundlich und legte den Hammer aus der Hand. Der Halbelf räusperte sich zweimal, einmal leise, das andere Mal sehr energisch.

Ich warf dem Gimpel einen Lappen zu und er wischte sich die Hände ab. Dann nahm er die Schultern zurück, hob den Kopf mit einem Ruck und sah sich hochmütig in meiner Schmiede um. Nun, da gibt es einiges an Ware zu sehen, aber jeder Gimpel tritt zuerst vor den Zweihänder mit der geflammten Klinge, der links an der Wand hängt.

Dieses Verbrechen an der Schmiedekunst hatten zwei ehemalige Lehrlinge begangen, als der Stadtrat von Lahee etwas Besonderes für das Historienfest haben wollte. Auf dem Fest durchdringt das Schwert zuerst den Schutzwall des Schwarzen Magiers, dann tötet es den Drachen, und am Schluß spaltet es den König der Dämonen in zwei saubere Hälften. Nur auf das Pflaster fallen sollte es lieber nicht.

"Ein schönes Stück", sagte der Gimpel mit Kennermiene. Dann putzte er sich mit einem Spitzentaschentuch die Nase. Ich schwieg würdevoll und dachte: Jungchen, ein reisender Soldat hat kein Spitzentaschentuch, sondern ein Tuch aus weißem Leinen, falls einmal schnell Verbandszeug zur Hand sein muß. Dein Mantel ist zu kurz, dafür ist dein Schwertgurt zu breit. Und mit einem roten Lederkoller laufen nur Angeber herum.

"Ein wirklich schönes Stück", wiederholte der Gimpel. Diesmal räusperte ich mich, bevor ich sprach. Ich bin ein zutiefst wahrheitsliebender Mensch, aber manche fordern es einfach heraus.

"Ein Relikt aus grauer Vorzeit", sagte ich, "als die Zwergenschmiede noch die Seele des Stahls verstanden. Es ist durch einen glücklichen Zufall in meinen Besitz gelangt. Zuverlässig ist überliefert, daß es zehn finstere Magier bezwang, zehn Drachen tötete und zehn der mächtigsten Dämonen in Stücke teilte". Wahr, alles wahr, schließlich feiern wir unser Stadtfest in Lahee mit großem Erfolg schon seit zehn Jahren.

"In der Tat", meinte der Gimpel, "mit diesem Besitz seid Ihr ein glücklicher Mensch".

Er benutzte wieder sein lächerliches Taschentuch und schnaubte kräftig. Dann begann er, in der Schmiede auf und ab zu gehen, und jedesmal, wenn er an dem Flammenschwert vorbeikam, betrachtete er es mit Bewunderung.

Nachdem ich ihm genügend Zeit gelassen hatte, sagte ich: "Ich nehme an, Ihr habt als Fachmann, als Berufskrieger wie mir scheint, die seltene Reinheit des Stahls bemerkt. Ich würde mich glücklich schätzen, dieses wahrhaft seltene Stück einem Experten anvertrauen zu dürfen, einem, der es in der Schlacht zu seinem Nutzen zu führen weiß".

"Wieviel?" fragte der Gimpel.

"Achthundert Goldkronen", erwiderte ich schnell, "eine echte Gelegenheit!"

Der Gimpel wurde rot. "Ich fürchte, dieser Preis übersteigt meine im Augenblick leider etwas beschränkten Möglichkeiten".

Nun, etwas anderes hatte ich nicht erwartet. Für einen magischen Zweihänder werden in unserem Landstrich zweitausend bis dreitausend Goldmünzen gefordert und anstandslos bezahlt. Also mußte an der Sache etwas faul sein. Und auch in unserem Fischerstädtchen Lahee hängen Zauberschwerter nicht neben der Tür einer Schmiede, sondern werden in Seide gewickelt in Kampferholztruhen verwahrt.

Jetzt wühlte der Halbelf in meiner Schrottkiste. Dort liegen zerbrochene Klingen, einzelne Griffstücke und Beschläge, die ich zur Herstellung von Hacken, Spaten und Nägeln benutze.

"Dies sind meine Sonderangebote", sagte ich, "alles gut erhaltene Einzelteile, aus denen sich noch manches machen läßt. Zehn Silbermünzen das Stück. Greift zu!"

Plötzlich zog der Halbelf einen kleinen Dolch aus der Kiste. "Diesen nehme ich", verkündete er.

Ich war überrascht. Er hielt den Ärmeldolch in der Hand, den ich aus einer zerbrochenen Elfenklinge gemacht hatte. Ein Bauer hatte das Stück beim Pflügen gefunden und mir gebracht. Ich hatte das graue Eisen geschliffen und neu gehärtet und dann einen Griff aus schwarzem Horn aufgesetzt. Es war ein perfekter Ärmeldolch geworden, auf den ich lange stolz gewesen war.

Zuerst hing er an gut sichtbarer Stelle hinter dem Ladentisch, und ich stellte mir einen guten Preis vor. Aber wer braucht im friedlichen Lahee schon Ärmeldolche? So war der Dolch im Laufe der Jahre von Wand zu Wand gewandert, bis ich ihn schließlich, wütend über die verlorene Mühe, in die Schrottkiste geworfen und vergessen hatte. Nun gehörte der Dolch einem neuen Herrn, und ausgerechnet ein geckenhaftes Jungchen hatte ihn erworben. Vielleicht hatte der Halbelf den grauen Stahl erkannt und wollte ihn in den Gasthäusern herumzeigen, um damit zu prahlen, oder mit ihm bei der nächsten Anwerbung den Sergeanten beeindrucken und einen höheren Sold herausschinden.

Als der Halbelf mir die zehn Silbergroschen vorgezählt hatte, fragte er, ob er und sein Reisegefährte bei mir übernachten könnten. Es sei schon zu spät für die Weiterreise nach Mar sa La. Ich ging mit ihm hinaus, um den Begleiter in Augenschein zu nehmen.

Am Pferdebalken vor dem Gasthaus stand ein junger Mönch mit rosigem Gesicht, der gerade mit rührendem Eifer bemüht war, seinen Maulesel anzubinden. Als ich sah, mit was für einem umständlichen Knoten die Riemen des Tiers befestigt waren, ergriff mich schieres Mitleid.

"Ehrwürdiger Bruder ", sagte ich und band zwei halbe Schläge gegeneinander, "so macht man das". Der Mönch war gebührend dankbar. Seine jungen Hundeaugen rissen mich zu der Bemerkung hin: "Die Herren können selbstverständlich bei mir übernachten".

Der Halbelf wies den Mönch an, das Gepäck zu nehmen und schritt unbeschwert in die Gaststube, während sein Gefährte sich mit den beiden Deckenrollen abmühte.

Ich bin stolz auf mein kleines Lokal. Fröhliche Stimmen schlugen uns entgegen, und das Feuer an Kamin flackerte lustig. Auf dem Schanktisch standen in blitzblank geputzten Töpfen die Speisen des Tages für die Gäste zur Ansicht. Die Wände waren weiß gestrichen, unterbrochen von dem glänzend polierten Holz des Fachwerks und von den Blumenkübeln, die daran hingen. Für die Blumenkübel ist meine gute Frau verantwortlich, die mich nach meinen langen Wanderjahren eingefangen hat. Nun lachte sie uns hinter dem Schanktisch entgegen und fragte, was die Herrschaften zu speisen wünschten. Während sie dieses oder jenes empfahl, sah sie mich fragend an und hob leicht die linke Augenbraue.

"Es sind junge Leute", sagte ich, "auf dem Weg nach Mar sa La, die bei uns übernachten wollen. Ich werde ihnen einen Sonderpreis machen, weil der Herr hier in der Schmiede etwas gekauft hat". Dabei nickte ich ihr beruhigend zu. Der Halbelf wählte das Hühnchen in Rotweinsauce, während der junge Mönch nach einer Brotsuppe fragte. Sein Abt habe ihm viele Tage Fasten verordnet.

Die beiden nahmen in einer Nische Platz, und ich kümmerte mich um die anderen Gäste. Als ich dann wieder zu dem Tisch der beiden sah, war der Mönch allein. Mit starrem Blick ließ er die Eisenkugeln seiner Gebetskette durch die Finger gleiten. Hundertmal den Kreis, ich wußte, daß er mindestens noch eine halbe Stunde beten würde, und sah mich nach dem Gimpel um.

Er saß am Nebentisch und spielte mit dem Gardemeister Dame. Da hatten sich die Richtigen gefunden! Dame ist ein Spiel, das einen kühlen Verstand und schnelle, klare Planung fordert. Unser Gardemeister ist zwar eine eiserne Zuchtrute für jeden Gesetzlosen, nicht zuletzt deshalb ist Lahee ein friedliches Städtchen, aber gedankliche Klarheit ist ihm nicht gerade nachzusagen. So fand er kaum noch einen Partner für sein geliebtes Spiel. Seine impulsiven Züge führten mit Sicherheit bereits nach fünf Minuten zur Niederlage, die er dann zum Mißvergnügen seines Partners weitere fünf Minuten lautstark beklagte.

Jetzt aber sah ich in ein strahlendes Gesicht. Der Gardemeister dozierte mit dröhnender Stimme über seine Spieltaktik und über die Vorzüge seiner strategischen Ausbildung, die dem mutigen Angriff den Erfolg sicherte. Ich sah auf das Spielbrett. Beim nächsten Zug konnte der Halbelf fünf Steine seines Gegners schlagen und hatte das Spiel mit Sicherheit gewonnen. Mit seinem albernen Taschentuch wischte er sich über die Stirn und machte dann einen zaghaften Ausweichzug. Aber er hätte doch schlagen müssen. Ich sah mir das Spielbrett noch einmal genau an und bemerkte, daß ich einen weißen Stein übersehen hatte, der den Springstein des Halbelfen blockierte. Der Gardemeister konnte mit dem nächsten Sprung zwei feindliche Steine nehmen. Der Halbelf schniefte in sein Taschentuch, und der Gardemeister nahm mit dem nächsten Sprung vier Steine. Ich rieb mir die Augen. Aber noch sah es für den Halbelfen nicht aussichtslos aus. Auf der rechten Seite des Spielfeldes standen seine Steine noch fest aufgereiht. Dann machte der Gardemeister seinen nächsten Zug und hatte wunderbarerweise das Spiel gewonnen. Ich mußte näher hinsehen.

Als die Steine für das nächste Spiel aufgebaut wurden, schwadronierte der Gardemeister über seine aktive Dienstzeit bei den dritten Lanzenreitern. Der Halbelf streute bewundernde Bemerkungen ein. Das neue Spiel begann. Ich sah ein Stück solidester Handwerksarbeit. Der Halbelf mogelte gegen sich selbst. Ein Abstellen des Weinglases bewegte einen Stein. Ein Rücken des Stuhles bewegte den nächsten. Ein Wedeln der Manschette über das Spielfeld verschob zwei Steine in entgegengesetzte Richtungen.

Dieser Frechling übte für das Handwerk der schnellen Finger dreist vor den Augen des Gesetzes. Ich trat an den Tisch und legte dem Halbelfen freundschaftlich die Hand auf die Schulter. Mein Daumen lag auf seinem Armnerv, mein Zeigefinger auf seiner Schlagader. Ich drückte ganz leicht zu und fragte:" Spielt Ihr um Geld? Ihr wißt, daß ich das in meinem Gasthaus nicht gerne sehe".

"Nein", dröhnte der Gardemeister, "ich gebe dem jungen Mann gerade eine Unterrichtsstunde in diesem edlen Spiel. Er stellt sich für sein Alter recht geschickt an".

Ich drückte etwas fester zu und die rechte Hand des Halbelfen öffnete sich nach oben, den Ringfinger und den Mittelfinger zu einem V gespreizt. Das war das Friedenszeichen der Diebesgilden in allen Ländern. Ich hatte mir in meinem Gasthaus keinen Gimpel eingefangen, sondern eine kleine Elster. Ich dachte nach.

Seit Jahren hatte sich kein Mitglied der Gesellschaft der Schlange hier blicken lassen. Oder ich hatte zumindest keines bemerkt. Die Anwesenheit eines Berufsdiebes in Lahee am Vorabend meiner Reise war ein ärgerlicher Umstand. Jedes Jahr im Frühling mache ich meine Herrentour. Das im Herbst geschlagene Holz aus den Bergen ist an den Kais gestapelt und wartet auf den Abtransport. Das Eis, das im Sommer die Fische frischhalten soll, ruht schon in den Höhlen über der Stadt. Die Lohnarbeiter sind wieder in ihre Dörfer gezogen, und die Handelsleute kommen erst im Frühsommer mit ihren neuen bunten Waren aus der Provinzhauptstadt.

So ist der Frühling eine ruhige Zeit für das Gasthaus und die Schmiede, und für mich eine schöne Zeit zum Reisen. Unter dem Vorwand, seltene Gewürze für die Küche und Stahl für die Schmiede einzukaufen, mache ich deshalb jedes Jahr für drei oder vier Wochen einen Ritt durch das Land, besuche Freunde aus meinen Wanderjahren, jage mit ihnen in fremden Wäldern, fische in fremden Flüssen und begutachte andere Gasthäuser. Meine gute Frau läßt das augenzwinkernd zu.

Sie hatte meine Deckenrolle schon für die morgige Abreise gepackt. Jetzt mußte ich den aus welchem Keller auch immer aufgetauchten Dieb so gründlich verschrecken, daß er noch in dieser Nacht verschwand und sobald nicht wieder zurückzukehren wagte. Meine Gedanken wurden unterbrochen.

"Gregor", rief meine Frau und kam aus der Küche heraus,"Gregor, Du hast schon wieder Deinen schmutzigen Hammer in meiner Küche liegengelassen. Nimm ihn und bring ihn in Deine Rumpelkammer von Schmiede, wo er hingehört". Die Gute hatte scharfäugig bemerkt, daß meine Hand schon eine Minute freundschaftlich mit ausgestrecktem Mittelfinger auf der Schulter des Halbelfen ruhte und kam mir nun mit fliegenden Fahnen zur Hilfe. Der Gardemeister kannte den schweren Holzhammer, den meine Liebste mir reichte, er kannte auch den Besen in ihrer Hand, der geschickt eingesetzt manchen bösartig betrunken gewordenen Gast zu Boden geschickt hatte, er verkannte aber die Situation.

"Na, na, Frau Wirtin", sagte er, "die Jungs sind zwar etwas laut, aber sie wollen doch gleich an Bord gehen". Dabei wandte er sich zum Nebentisch, wo zwei Matrosen und ein Maat gerade den dritten Krug Punsch geleert hatten und nun zum dritten Mal denselben Gesang anstimmten. "Feierabend, Teerjacken", rief er und erhob sich zu seiner vollen Größe. "Ich weiß, daß in einer halben Stunde Eure Wache anfängt. Ich begleite Euch ein Stück und mache dabei gleich meine Runde. Vielleicht finden wir unterwegs ja ein Fäßchen Schnaps ohne Zollsiegel, das wir sofort vernichten müssen". Er faßte den Matrosen, der am stärksten angetrunken schien, um die Mitte und zog ihn hoch, bis er auf seinem mächtigen Bauch ruhte. Die Seeleute waren von den neun Windstärken, die ihnen aus der Stimme des Gardemeisters entgegenbrüllten, so beeindruckt, daß sie schnell zahlten und auch ein ordentliches Trinkgeld gaben. An der Tür drehte sich der Gardemeister um. Der Matrose hing nun wie ein Päckchen unter seinem Arm. "Keine Sorge, Gregor", rief er, "wenn Du weg bist, komme ich jeden Abend und sehe nach dem Rechten".

Dann verschwand die Gesellschaft. Der Gesang der Matrosen und die dröhnende Stimme des Gardemeisters verhallten in der Ferne.

Irgendwie war dieser Vorfall ein allgemeines Zeichen zum Aufbruch. Die letzten Gäste zahlten. Ich ging zum Schanktisch und holte aus einer Schublade einen Schlangenring hervor, ein irgendwo aufgelesenes Andenken an frühere Tage, der angeblich einen Rang und Gebietsansprüche belegen sollte, und steckte ihn auf den kleinen Finger. Der Halbelf war zum Tisch des Mönchs zurückgekehrt, saß in der Ecke der Bank und starrte finster vor sich hin. Der Mönch aber plauderte zu meiner Überraschung mit meiner guten Frau. Beide schienen sich prächtig zu amüsieren.

Ich nahm einen Krug Bier und ging zu dem Tisch.

"Es tut mir leid, Freunde", sagte ich, "daß Ihr beschlossen habt, noch diese Nacht weiterzureiten. Wenn Ihr gleich aufbrecht, könnt Ihr die Höhlen über der Stadt noch erreichen, bevor der Nachttau fällt. Sattelt Eure Pferde, derweil ich Euch in der Küche ein Frühstückspaket vorbereiten lasse".

"Ich heiße Fontes von Korvien vom Grauen Orden", sagte das Mönchlein. "Das ist mein wirklicher Name. Der Geselle von der Bruderschaft der Schlange nennt sich Loger der Schwarze, was bestimmt nicht sein wahrer Name ist. Doch ich versichere Euch, er wird sich hier in Eurem Hause und bis wir Mar sa La erreichen, tadelfrei benehmen".

"Was Ihr versichert, ist mir egal", erwiderte ich. "Er wird mein Haus und diese Stadt sofort verlassen!"

"Denkt nicht nur schlecht von Dieben", sagte der Mönch. "Der große Rustam, der sowohl von meinem Orden als auch von dem der Schlange für heilig gehalten wird, war auch ein Dieb. Er nahm den Reichen und gab den Armen. Ich habe diesen Mann hier in Okena gesehen, wie er einem Reichen nahm und einem Armen gab. Dann ergab sich für ihn die Notwendigkeit, schnell den Ort zu wechseln, und dabei habe ich ihm unbedeutend geholfen. Dafür hat er versprochen, mich bis Mar sa La auf meiner Pilgerfahrt zu führen. Er hat seit einer Woche nichts gestohlen und wird bis Mar sa La nicht stehlen, dafür habe ich sein Wort".

"Fluch auf das Wort eines Diebes", sagte ich und zeigte den Ring. "Ihr werdet sofort abreisen oder Euch höheren Orts verantworten müssen".

Der Halbelf wurde blaß, als er die goldene Schlange sah.

"Alter Herr", sagte er und stand auf, "verzeiht, daß ich Euch gekränkt habe, ich reise sofort ab".

"Ruhig Blut, lieber Mann", sagte meine Frau. "Nun faßt Euch, Loger. Herr von Korvien und ich haben alles schon zur vollen Zufriedenheit besprochen. Natürlich bleiben die beiden jungen Leute über Nacht bei uns. Und Morgen reitet Ihr zusammen nach Mar sa La. Wenn Du sie über die Paßstraße führst, sparen sie volle fünf Tage. Der Mönch schläft im Stall, weil der Befehl seines Abtes ihn zur Demut zwingt, der junge Loger schläft im Zimmer über der Küche, das Du mit allem Schutz versehen kannst, den Du für notwendig hältst. Und damit basta. Ich bin sicher, Du wirst bis Mar sa La eine angenehme Reisebegleitung haben".

Und damit war wirklich basta. Ich tat vor der Tür des Halbelfen so, als spräche ich eine Rune über die Schwelle, und der Halbelf tat so, als sähe er die Rune. Im Bett versuchte ich noch, etwas zu argumentieren, aber dann ließ mich die Erfahrung von zweiunddreißig Jahren Ehe schweigen. Dann schlief das ganze Gasthaus.


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(c) 1993 Holger Provos