NEUNZEHNTES KAPITEL

MARION
Der Mönch gerät auf schlimme Abwege, die anderen werden eingekleidet.

Wir saßen auf dem Hang des Hausberges vor Ber Gama und sahen in das Tal. Vor uns lag die Hauptstadt ausgebreitet. Am gegenüberliegenden Hang erhob sich strahlend der neue Königspalast mit seinem wundervollen Park. In der Mitte von Ber Gama stand trutzig die alte Burg, einst das Stammhaus der Könige, heute der Ort der Ratsverwaltung und damit auch der Sitz des Kanzlers. Das war unser Ziel. Auf der einen Seite der Burg waren die Kasernen des Leibreginients, der Garde, und der Städtischen Bogenschützen, auf der anderen Seite der Alte Markt und die Altstadt mit ihrem kleinen und heute viel zu engen Kanal. Hinter ihm spiegelten als Stolz der Kaufmannschaft die sorgfältig gepflegten früheren Salzspeicher die Mittagssonne aus ihren vielen kleinen Fenster wieder. Drumherum stand ein Gewirr von großen und kleinen Häusern. Der Mittelpunkt der Neustadt war der Große Tempel für alle Götter, der vor gut zweihundert Jahren durch Spenden aus allen Teilen des Reichs gebaut worden war. Halbrechts von uns lag das Rosentor, das wir in einer knappen Stunde gemächlichen Ritts erreichen konnten. Das Schiffertor am südwestlichen Ende der Stadt war nur eine halbe Stunde entfernt, aber dort konnte ein eventueller Spion d'Assels die Ankömmlinge viel leichter beobachten. Man mußte auf dem Weg zum Schiffertor erst die Flußbrücke und danach die Brücke über den neuen Kanal überqueren. So war das Rosentor nach einstimmiger Meinung unser Eingang in die Stadt. Doch vor dem Tor der Alten Burg würde es für uns einen Aufenthalt geben.

Alle hielten es für unklug, den Wachen draußen den Grund unseres Besuchs zu erklären. Das würde, falls man uns überhaupt glaubte, erst zu Rückfragen vom Wachhabenden zum Burgkommandanten und dann vielleicht zum Diensthabenden des Kanzleramts führen. Mehr als genug Zeit für einen gutgezielten namenlosen Pfeil. Dies hatten wir außer Hörweite von Raffaele und Fontes ernsthaft besprochen, als die beiden an einer Lichtung stehengeblieben waren, um irgendwelche dämlichen Frühlingsblumen anzustarren. Loger und Trent d'Arby waren sich einig, d'Assel sei so etwas ohne weiteres zuzutrauen. Er könne dadurch zunächst Raffaelas Aussage verhindern, zumindestens aber Zeit gewinnen. Donisl verstieg sich sogar zu der Vorstellung, ein beträchtlicher Zeitgewinn ließe sich durch einen Feuerspruch herausholen, denn dann wäre von Raffaela nur noch wenig übrig, um sie als Tochter des Kanzlers zu identifizieren. Das ließe sich der Stadtwache vielleicht sogar als Konkurenzkampf zwischen zwei geldgierigen Magiern verkaufen. Also mußten wir schnell in die Burg und die Tore mußten für uns offen sein. Wir beabsichtigten, Loger und Trent d'Arby alleine in die Stadt zu schicken. Mit seiner vornehmen Erscheinung und auf dem frisch gestriegelten Baran könnte Loger vielleicht so viel Eindruck auf die Wache und den Wachhabenden machen, um in die Nähe des Kanzlers zu gelangen. An höchtsmöglicher Stelle sollte er sein Sprüchlein aufsagen und darauf bestehen, daß eine Nachricht in Raffaelas Handschrift zu dem Kanzler persönlich gelangte. War das geschafft, könnte uns Trent d'Arby Nachricht geben und wir würden im Galopp durch das Burgtor reiten, oder der Kanzler könnte uns eine Eskorte schicken, und so selbst für die Sicherheit seiner Tochter sorgen.

Trent d'Arby sollte auf keinen Fall mit in die Burg. Käme Loger nicht in angemessener Zeit wieder heraus, sollte er uns warnen. Wir würden uns dann etwas anderes überlegen. Jedenfalls wollten wir hier genau vier Stunden auf die beiden warten. Danach würden wir uns verdrücken.

Donisl zuckte resigniert die Schultern. Noch endlose Stunden in dem Wäldchen warten, wo doch die Annehmlichkeiten der Stadt so dicht vor uns lägen. Und in Stadtwäldern gebe es immer Spinnen und Skorpione.

Raffaela warf mit einem Tannenzapfen nach ihm. Ob nicht Loger ein empfohlenes Haus in der Stadt wüßte, von wo aus wir unsere Erkundigungen einziehen könnten. So ein Haus mit angenehmer Umgebung und guter Küche.

Loger zuckte die Schultern. Es gebe zwar ein empfohlenes Haus in der Stadt, aber es sei für uns absolut ungeeignet.

"Warum denn?" wollte Donisl wissen. "Ist es ein Blindenheim, eine Schule der Diebesgilde, die kein Unbefugter betreten darf? Sind in den Betten Läuse?" Loger druckste herum. "Es ist ein vornehmes Haus mit bester Küche, aber es ist völlig ausgeschlossen, jedenfalls für Raffaela und Fontes".

"Ist es denn nicht sicher?" fragte Donisl.

"Völlig sicher, aber ich sagte doch, es ist ausgeschlossen. Vor der Tür hängt eine rote Laterne".

"Bravo!" rief Trent d'Arby begeistert, "da will ich hin".

Donisl schüttelte sich vor Lachen.

Ich fragte Loger nach der Lage des Hauses. Loger zeigte nach unten auf die Stadt.

Das Haus lag in unmittelbarer Nähe der Burg, genau gegenüber den Kasernen. Ich dachte nach. Die Lage zu den Kasernen war nicht uninteressant. Dann war mein Entschluß gefaßt.

"Wir reiten alle in die Stadt. Loger, Du reitest neben mir. Wir haben noch einiges zu besprechen".

Aus irgendeinem dummen Grund hatte ich diesen goldenen Ring, den ich Loger am Abend unserer ersten Begegnung gezeigt hatte, bei unserer Abreise in eine Seitentasche gesteckt. Nun gab ich ihn mit einigen Instruktionen Loger.

Wir tauchten in den dichten Verkehr auf der Straße und ritten unbehelligt etwas auseinandergezogen durch das Rosentor. Trent d'Arby ritt hinter uns und paßte auf, ob uns irgendjemand in auffälliger Weise folgte.

In der Altstadt traten sich die Leute gegenseitig auf die Füße. Loger führte uns durch einige Gassen, bis wir hinter einer breiten Straße die Mauern der Kaserne sehen konnten. Loger bog unmittelbar davor in eine Nebengasse ab. Diese führte an der Hinterfront vornehmer Stadthäuser vorbei.

Wir sahen auf Ställe, Dienstbotengebäude und kleinere Werk- stätten. Auch hier war ein geschäftiges Treiben. Ein Essighändler mit einem großen Tonkrug auf dem Rücken pries lauthals seine Ware an, und ein Gemüsehändler, dessen Eselchen fast unter zwei großen Körben verschwand, verhandelte mit einem dicken Koch. Loger zählte die Hausnummern ab, die in so einer vorbildlichen Stadt wie Ber Gama selbstverständlich auch auf die Hinterfronten der Häuser gemalt sind. Er suche die Hausnummer neun, erklärte er uns.

"Es ist immer die Hausnummer neun", grinste Trent d'Arby.

Und da waren wir auch schon. Vor uns öffnete sich ein geräumiger Innenhof. Neben uns auf der linken Seite lagen ein Stall und eine Remise für Kutschen, dann folgte die Hinterfront eines hohen dreistöckigen Hauses, und rechts waren einige Wirtschaftsgebäude.

Durch eine offene Tür sahen wir in einen Lagerraum, in dem Weinfässer auf Gestellen gestapelt waren. Wir hatten un- verhofftes Glück. Aus der Tür des Weinlagers trat gerade eine große rotblonde Frau, die trotz der späten Mittagsstunde mit einem langen weißen Morgenrock mit Pelzbesatz bekleidet war.

Loger sprang von seinem Maultier, tat einige schnelle Schritte und verbeugte sich mit elegantem Schwung. Doch mitten in der Bewegung hielt er inne. Er kam langsam wieder hoch.

"Mein Gott, Marion", keuchte er. "Ich dachte, Du bist anständig geworden. Hattest Du nicht diesen kleinen netten Laden für gefälschte Relikte in der Breiten Straße?" Die Frau zog Loger an die Brust und klopfte ihm kräftig auf den Rücken. Dann ließ sie ihn los und sah ihn an.

"Nicht zu fassen, der kleine Loger! Wie Du Dich herausgemacht hast. Und einen Schnurrbart hast Du auch schon! Komm herein".

"Ich bin nicht allein", sagte Loger und wedelte mit einer Hand in unserer Richtung. Ich hatte mir vorsichtshalber die Kapuze meines Mantels tief in das Gesicht gezogen.

Marion sah die Gesellschaft an. Bei Raffaela stutzte sie kurz, aber als sie in Fontes unschuldsvoll lächelndes Gesicht sah, hob sie die Augenbrauen.

"Was soll das Loger?" sagte sie. "Ich führe ein anständiges Haus".

Loger sah zerknirscht drein.

"Es tut mir leid, Marion, aber wir kommen in Geschäften". Er zeigte in meine Richtung und hielt dann der Herrin des Hauses seine geschlossene Hand vor das Gesicht. Er öffnete sie kurz und ließ Marion den in der Hand verborgenen Gegenstand sehen. Marion zuckte mit den Schultern, raffte den Morgenrock zusammen und trat auf mich zu.

Sie machte einen Knicks und sagte: "Ich stehe zu Euren Diensten, alter Herr. Aber macht mir bitte so wenig Schwierigkeiten wie möglich".

Loger stieß Marion kurz mit dem Ellenbogen in die Seite. "Sag Onkel zu ihm", flüsterte er, "sonst wird er böse".

Ich war es mal wieder leid. Ich war es leid, immer neu auf mein Alter angesprochen zu werden. Ich ließ die Kapuze fallen und sagte so freundlich wie möglich: "Ich werde nicht böse. Ich bitte nur darum, endlich in das Haus geführt zu werden".

Der Gemüsehändler zog sein Eselchen an uns vorbei.

"Keine Sorge, Euer Gnaden, kein Stadtgardist weit und breit".

So waren wir also völlig unauffällig und unbeobachtet in Logers sicherem Haus angelangt. Marion schnippte mit den Fingern und zwei Stallburschen nahmen sich unserer Tiere an. Sie führte uns über drei Stufen in das Haus, an der Küche vorbei, aus der verlockende Düfte drangen, und brachte uns in einen gemütlich eingerichteten Schreibraum. Sie setzte sich hinter das Schreibpult und bat uns, auf den Bänken und Kissen Platz zu nehmen. Ich machte eine Handbewegung und Loger machte eine andere. Also war Marion seiner Kenntnis nach auch ohne gewisse Zwänge vertrauenswürdig. Nun gut, morgen würde die Geschichte so oder so zu Ende sein.

Ich holte die zwanzig Goldstücke aus meinem Beutel, die mir der Bote Herzog d'Assels so liebenswürdigerweise anvertraut hatte.

"Wir brauchen eine sichere Unterkunft für ein paar Stunden und gewisse andere Dienste des Hauses".

Marion strich zufrieden die zwanzig Goldstücke ein und ver- sicherte mir, für eine solche Summe würde ihr Haus sich be- sondere Mühe geben. Ich wußte darauf nicht sofort zu erwidern, und Loger griff ein.

"Du hast den Faden verloren, Onkel. Laß mich mal reden".

Marion war wie alle anderen über die Entführung pflichtgemäß entsetzt. Doch sie besaß mehr Tatkraft als ich im Augenblick.

Sie zog an einer Schnur und als ein Diener erschien, flüsterte sie irgendwelche sinnvollen Anweisungen. Dann zog sie wieder an der Schnur. Dem nun erscheinenden Koch befahl sie, im Roten Raum einen leichten Imbiß zu richten. Für den lieben Bruder Fontes nur etwas frischgebackenes warmes Weißbrot, einen pikanten Käse aus dem Ostreich und einen leichten sauren Wein aus hiesiger Lage, für uns andere das übliche für einen leichten Appetit. Auf diese Worte sah Trent d'Arby traurig aus, aber auch sein leichter Appetit wurde in der nächsten halben Stunden voll zufriedengestellt. Der Diener tauchte wieder auf und erstattete Bericht.

Vor dem Burgtor waren tatsächlich verdächtige Gestalten.Er hatte einen Bettler gesehen, der bestimmt nicht zu hiesigen Zunft gehörte, und drei rauhe Gesellen mit Langbögen, die sich als Jäger ausgaben, aber unter ihren grünen Wämsern eiserne Brustplatten trugen. Auch stand ein geschlossener Marktwagen gegenüber dem Burgtor, von dem aus seit Stunden nichts verkauft worden war.

Meine Gesellschaft war beunruhigt, aber die zarten Bratenscheiben und der kräftige Rotwein hatten mein Selbstvertrauen wieder hergestellt, das erst durch Marions Knicks und dann durch den Gemüsehändler erschüttert worden war.

"Wunderbar, wunderbar, strahlte ich. "Genau wie wir es vorausgesehen haben. Liebe Marion, wir brauchen nun die Dienste des Hauses. Bitte schick uns drei deiner hübschesten Mädchen. Aber es müssen solche sein, die wirklich wissen, wie man das Beste aus seiner Erscheinung herausholt. Du bist dran, Loger".

Marion schickte den Diener fort. Ich zog mir die Kapuze meines Mantels wieder über den Kopf und machte ein grimmiges Gesicht. Das fiel mir schwer, denn auch Fontes beschloß in diesem Augenblick, die Kapuze seiner Kutte überzustreifen und böse auszusehen.

Loger aber spielte seine Rolle ausgezeichnet. Als drei engelsgleiche Wesen in die Tür traten und ihren Knicks machten, stand er vor dem Fenster und sah nach draußen. Er war mit seinem Dolch beschäftigt, den er von einer Hand in die andere gleiten ließ. Dann drehte er langsam seinen Kopf den Engelchen zu und legte den Finger auf den Mund.

Keiner im Raum gab einen Ton von sich. Loger zeigte mit dem Dolchgriff auf Raffaela.

"Meine Base und ich sind heute abend eingeladen. Es ist eine kleine Gesellschaft, mehr eine Geschäftsbesprechung mit einigen reichen Kaufleuten. Meine Base soll für mich repräsentieren. Doch die lange Anreise hat sie erschöpft. Auch ist unsere Garderobe noch nicht vollständig eingetroffen. Deshalb bitte ich Euch sehr herzlich, meine Base mit dem Nötigsten auszustatten, und ihr ein wenig bei der Toilette zur Hand zu gehen. Doch versucht nicht, sie nach meinen Geschäftsgeheimnissen auszuhorchen. Sprecht bitte nur über Garderobe und Frisuren".

Er bot Raffaela die Hand und führte sie zu den drei Mädchen.

Vor dem mittleren blieb er stehen und sagte plötzlich in scharfem Ton: "Du hast mich hoffentlich verstanden. In zwei Stunden ist die Frau hier so gut wie neu. Und kein überflüssiges Wort".

Die drei Eingelchen flohen und zogen Raffaela mit sich. Marion meinte, mit diesen Diensten seien die zwanzig Goldstücke noch lange nicht abgegolten. Ich erklärte den Roten Raum zum Sperrgebiet und verbot dem Barbaren bei Todesstrafe, das Zimmer zu verlassen. Ich bat Marion auf den Flur.

"Es kommt doch gelegentlich vor, daß ein Gast nicht genügend Geld bei sich hat, um die letzte Flasche Wein zu bezahlen. Dann nimmst Du doch ein Pfand als Sicherheit. Darf ich den Raum mit den Pfändern einmal ansehen? Ich suche auch für mich eine bessere Kleidung".

Marion führte mich nach unten in den Keller. Hinter einer verschlossenen Tür lagen in Regalen einige mehr oder weniger wertvolle Dinge und wie nach der Lage des Hauses neben den Kasernen nicht anders zu erwarten war, auch einige Sachen der Militärs.

Doch gab es in dieser Garnison nur Leutnants? Ich nahm einen Mantel nach dem anderen vom Haken. Ein Mantel schien in etwa meine Größe zu haben.

"Den kannst Du nicht haben, Onkel", sagte Marion. "Der gehört Leutnant Stotan. Der kommt jede Woche mindestens einmal her und löst seinen Mantel bestimmt noch aus. Du verstehst, ein guter Kunde".

Ich hängte den Mantel wieder weg und suchte weiter. Ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, als ich am letzten Haken den Mantel eines Obersten entdeckte. Die Schärpe dazu hing sauber gefaltet darüber, und aus einer der Taschen sah ein silberner Kommandostock heraus. Na ja, wenn ein Oberst eine Zeche schuldig bleibt, dann aber richtig. Ich zog den Mantel an. Er paßte wie angegossen. Auch die Schärpe ließ sich mühelos in das alte Loch einhaken. Ich drehte mich um.

"Na, wie sehe ich aus?" "Gut Onkel", antwortete Marion, nur um den Bauch herum sitzt es etwas eng".

Ich seufzte und hakte die Schärpe eine Öse weiter. "Die Sachen kannst Du haben, Onkel. Die hängen schon seit wer weiß wie lange hier, und niemand weiß, wem sie einmal gehört haben. Ich hätte sie früher oder später doch verkauft".

Na, da hatte ich ja Glück gehabt. Wir gingen nach oben."Der Oberst!" rief Trent d'Arby erschrocken und ließ die Kellnerin los, die gerade versuchte, ihm ein neues Glas Wein einzuschenken.

"Ach, du bist das, Onkel!".

Ich bat um einen Würfelbecher, und um uns die Zeit zu vertreiben, spielten wir eine Runde um Kupferstücke. Wegen der Chancengleichheit mußte Loger mit der linken Hand spielen und die rechte unter den Gürtel stecken, aber auch so gewann er.

Dann ging die Tür auf. Die Tochter des Kanzlers war aus dem Staub der Wüste wiedergeboren. Raffaela trug ein leicht ausgeschnittenes Kleid aus schwerer roter Seide. Um die Schultern und die Hüften lag es eng an, aber Raffaela stand aufrecht wie eine Königin. Um den Hals trug sie als einzigen Schmuck den grünen Stein des Fürsten mit dem winzigen goldenen Stern in der Mitte. Die Haare waren wieder offen und kunstvoll in wilde Locken gelegt.

Raffaela blickte angstvoll auf uns und die Engelchen blickten angstvoll auf Loger.

Loger ging um Raffaela herum. "Wer hat die Farbe rot ange- ordnet?" fragte Loger. "Das Fräulein hat es so gewünscht", sagte eines der Mädchen. "Gut", sagte Loger. "Wer hat das Schönheitspflästerchen am Mund angeordnet?" "Ich", sagte eines der Mädchen. "Gut", sagte Loger wieder.

"Was heißt hier gut?" rief Fontes. "Raffi sieht einfach toll aus. So wie meine Schwester bei ihrer Verlobung".

Alle jubelten und Raffaela war sichtlich erleichtert. Sie schlug einen Elfenbeinfächer auf und blinzelte keck darüber hinweg.

"Meine Mantilla", rief Marion, "aber die ist nur geliehen, Herzchen!" Raffaela schlug die schwarzen Spitzen um Kopf und Schulter.

Wir traten auf die Straße vor den Kasernen.

"Und nun eine gute Haltung", sagte ich. "Kopf hoch und Brust raus. Und vorwärts geht es".


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(c) 1993 Holger Provos